Definition:
Bewusstsein ist die subjektive Erfahrung eines Individuums von mentalen Zuständen und Prozessen, die mit Wahrnehmung, Gedanken, Emotionen und Selbstreflexion verbunden sind. Es umfasst sowohl die phänomenale Erfahrung (das „Wie es sich anfühlt“) als auch die Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und -steuerung.
Diskussion:
- Grundlegende Theorien des Bewusstseins:
a) Integrierte Informationstheorie (IIT):
Die von Giulio Tononi entwickelte IIT postuliert, dass Bewusstsein eine fundamentale Eigenschaft von Systemen mit hoher integrierter Information ist [1]. Gemäß dieser Theorie entsteht Bewusstsein, wenn ein System eine bestimmte Menge und Struktur von integrierter Information aufweist, quantifiziert durch den Wert Φ (Phi).
Hauptmerkmale der IIT:
- Bewusstsein ist graduell und kann in verschiedenen Intensitäten auftreten.
- Es ist eine intrinsische Eigenschaft komplexer, integrierter Systeme.
- Die Theorie bietet einen mathematischen Rahmen zur Quantifizierung von Bewusstsein.
b) Global Workspace Theory (GWT):
Die von Bernard Baars vorgeschlagene GWT beschreibt Bewusstsein als einen „globalen Arbeitsbereich“, in dem Informationen aus verschiedenen spezialisierten Gehirnmodulen integriert und für höhere kognitive Funktionen verfügbar gemacht werden [2].
Hauptmerkmale der GWT:
- Bewusste Erfahrungen entstehen, wenn Informationen in den globalen Arbeitsbereich gelangen.
- Es gibt einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Informationen um den Zugang zum Bewusstsein.
- Die Theorie erklärt den sequentiellen, fokussierten Charakter bewusster Erfahrungen.
c) Bewusstsein und Intelligenz (nach Henry Shevlin):
Shevlin argumentiert für eine enge Verbindung zwischen Bewusstsein und allgemeiner Intelligenz [3]. Er schlägt vor, dass drei Hauptmerkmale der allgemeinen Intelligenz als Indikatoren für Bewusstsein dienen können:
a) Robustheit: Die Fähigkeit, Aufgaben trotz Störungen zu bewältigen.
b) Flexibilität: Die Fähigkeit, Wissen auf neue Aufgaben zu übertragen.
c) Systemweite Integration: Die Fähigkeit, Inputs aus verschiedenen Systemen zu integrieren und effektiv auszubalancieren.
Shevlins Ansatz bietet eine interessante Perspektive auf die Bewertung von Bewusstsein in biologischen und künstlichen Systemen. Er argumentiert, dass viele Tiere diese Merkmale in hohem Maße aufweisen, während aktuelle KI-Systeme in dieser Hinsicht noch weit zurückliegen.
- Erweiterung der Diskussion:
Die Verbindung zwischen Bewusstsein und Intelligenz, wie sie von Shevlin vorgeschlagen wird, lässt sich mit den grundlegenden Theorien des Bewusstseins in Einklang bringen:
- IIT: Die systemweite Integration, die Shevlin beschreibt, könnte als Manifestation der integrierten Information verstanden werden, die die IIT als grundlegend für Bewusstsein ansieht.
- GWT: Die Flexibilität und Robustheit, die Shevlin betont, könnten als Ergebnis eines gut funktionierenden globalen Arbeitsbereichs interpretiert werden, der effizient Informationen aus verschiedenen Modulen integriert und verarbeitet.
Dennoch gibt es wichtige Fragen und Herausforderungen:
- Gradualität des Bewusstseins: Während die IIT Bewusstsein als graduell betrachtet, ist es unklar, ob und wie Shevlins Ansatz graduelle Unterschiede im Bewusstsein erfassen kann.
- Qualia und phänomenales Bewusstsein: Shevlins Fokus auf allgemeine Intelligenz adressiert möglicherweise nicht direkt die Frage nach der subjektiven, qualitativen Erfahrung des Bewusstseins.
- Künstliche Systeme: Die Anwendung dieser Kriterien auf künstliche Systeme bleibt herausfordernd, da diese möglicherweise Formen von Intelligenz entwickeln könnten, die nicht direkt mit biologischen Systemen vergleichbar sind.
- Neuronale Korrelate des Bewusstseins: Die Beziehung zwischen den vorgeschlagenen Merkmalen der allgemeinen Intelligenz und spezifischen neuronalen Mechanismen des Bewusstseins bleibt zu klären.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integration von Theorien wie IIT und GWT mit Ansätzen, die Bewusstsein und allgemeine Intelligenz verbinden, ein vielversprechender Weg für ein umfassenderes Verständnis des Bewusstseins sein könnte. Diese Synthese könnte sowohl für die Erforschung des Bewusstseins in biologischen Systemen als auch für die Entwicklung potenziell bewusster künstlicher Systeme von Bedeutung sein.
[Auszug aus Kapitel 4 des Manuskripts]
Die Untersuchung der neuronalen Grundlagen innerer Bilder hat uns zu der fundamentalen Frage nach der Natur des Bewusstseins geführt. Wie entsteht aus den verteilten Aktivitätsmustern im Gehirn ein kohärentes, subjektives Erleben? Welche Rolle spielen Phänomene wie neuronale Synchronisation und Phasen-Kopplung, die wir zuvor beleuchtet haben, für das menschliche Bewusstsein? Diese Fragen stehen im Zentrum der Bewusstseinsforschung und der philosophischen Theorien, auf die wir nun eingehen werden.
In den letzten Jahrzehnten wurden in der Bewusstseinsforschung, insbesondere bei den neurobiologisch fundierten Theorien wie der Global Workspace Theory (GWT) und der integrierten Informationstheorie (IIT), beachtliche Fortschritte erzielt.
Die IIT postuliert, dass das Ausmaß integrierter Informationen, welche in einem System vorliegen, dem Niveau des Bewusstseins in diesem System entspricht. In Bezug auf neuronale Aktivität würde die IIT beispielsweise eng mit Phänomenen wie der zuvor beschriebenen Phasen-Synchronisation zusammenhängen.
Allerdings besteht weiterhin keine Einigkeit über die Natur des Bewusstseins, insbesondere beim sogenannten ›harten Problem‹ und dem Wesen subjektiver Erfahrung. Also wie aus der Summe von Reizen, Impulsen und Synchronisationen organischer Materie ein einfühlsames Empfinden hervorgehen kann.
Literatur:
[1] Tononi, G. (2004). An information integration theory of consciousness. BMC neuroscience, 5(1), 42.
[2] Baars, B. J. (1997). In the theater of consciousness: The workspace of the mind. Oxford University Press.
[3] Shevlin, H. (2024). To build conscious machines, focus on general intelligence: a framework for the assessment of consciousness in biological and artificial systems.