Definition:
Eine Filterblase ist ein personalisiertes, eindimensionales Informationsumfeld, das durch Algorithmen und digitale Systeme erzeugt wird. Diese Algorithmen wählen Inhalte basierend auf dem vergangenen Online-Verhalten, den Präferenzen und den Interaktionen eines Nutzers aus, was zu einer reduzierten Vielfalt an Informationen und Perspektiven führt, denen der Nutzer ausgesetzt ist.
Diskussion:
Der Begriff „Filterblase“ wurde 2011 von Eli Pariser geprägt und hat seitdem erhebliche Aufmerksamkeit in der Forschung und öffentlichen Debatte erlangt. Im Gegensatz zur Echokammer, die oft als bewusst gewähltes oder zumindest akzeptiertes Umfeld verstanden wird, betont das Konzept der Filterblase die oft unbewusste und durch Technologie vermittelte Natur dieser Informationseinschränkung.
Pariser (2011) argumentiert, dass personalisierte Algorithmen, die von Suchmaschinen und sozialen Medienplattformen verwendet werden, dazu führen, dass Nutzer zunehmend von Informationen isoliert werden, die ihren bestehenden Ansichten widersprechen. Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität führen und die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit anderen Perspektiven einschränken.
Im Vergleich zur Echokammer, die oft als soziales Phänomen betrachtet wird, ist die Filterblase primär ein technologisches Konstrukt. Während Echokammern durch bewusste Entscheidungen und soziale Dynamiken entstehen können, werden Filterblasen hauptsächlich durch automatisierte Systeme erzeugt, die darauf abzielen, Nutzern „relevante“ Inhalte zu präsentieren.
Bakshy et al. (2015) untersuchten in einer großangelegten Studie auf Facebook den Einfluss von Algorithmen auf die Exposition gegenüber ideologisch diversen Nachrichten. Sie fanden heraus, dass die individuellen Entscheidungen der Nutzer einen größeren Einfluss auf die Exposition gegenüber gegensätzlichen Ansichten hatten als die algorithmische Personalisierung. Dies deutet darauf hin, dass Filterblasen und Echokammern in der Praxis oft ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken können.
Zuiderveen Borgesius et al. (2016) argumentieren, dass die Auswirkungen von Filterblasen auf die Nachrichtennutzung möglicherweise überschätzt werden. Sie betonen, dass viele Menschen nach wie vor eine Vielzahl von Nachrichtenquellen nutzen und dass die Personalisierung von Nachrichten nicht zwangsläufig zu einer Verengung des Blickwinkels führt.
Allerdings zeigen neuere Studien wie die von Geschke et al. (2019), dass Filterblasen durchaus reale Auswirkungen haben können. Sie fanden heraus, dass personalisierte Nachrichtenfeeds zu einer verringerten Exposition gegenüber gegensätzlichen politischen Ansichten führen können, insbesondere bei Nutzern mit extremeren politischen Ansichten.
Im Gegensatz zu Echokammern, die oft als statische Umgebungen wahrgenommen werden, sind Filterblasen dynamisch und passen sich kontinuierlich an das Verhalten des Nutzers an. Dies kann zu einer schleichenden Verstärkung bestehender Ansichten führen, ohne dass der Nutzer sich dessen bewusst ist.
Die Debatte um Filterblasen hat auch wichtige Implikationen für die Medienkompetenz. Während bei Echokammern oft argumentiert wird, dass eine bewusste Öffnung für andere Perspektiven hilfreich sein kann, erfordert der Umgang mit Filterblasen ein tieferes Verständnis der zugrunde liegenden technologischen Mechanismen.
Zukünftige Forschung sollte sich darauf konzentrieren, wie Filterblasen und Echokammern interagieren und wie man effektive Strategien entwickeln kann, um ihre potenziell negativen Auswirkungen zu mindern, ohne die Vorteile der Personalisierung vollständig aufzugeben.
Literatur:
Bakshy, E., Messing, S., & Adamic, L. A. (2015). Exposure to ideologically diverse news and opinion on Facebook. Science, 348(6239), 1130-1132.
Geschke, D., Lorenz, J., & Holtz, P. (2019). The triple-filter bubble: Using agent-based modelling to test a meta-theoretical framework for the emergence of filter bubbles and echo chambers. British Journal of Social Psychology, 58(1), 129-149.
Pariser, E. (2011). The filter bubble: What the Internet is hiding from you. Penguin UK.
Zuiderveen Borgesius, F. J., Trilling, D., Möller, J., Bodó, B., De Vreese, C. H., & Helberger, N. (2016). Should we worry about filter bubbles? Internet Policy Review, 5(1).