Kognitiver Forschungsreisender

Rüdiger Andorfer, ehemaliger Direktor Arnulf Rainer Museum Baden

Udo Fon ist ein durch Philosophie und Wissenschaft (an)getriebener, künstlerischer Forscher der konsequent dem Ur-Thema der Künste auf der Spur ist: der Funktion des menschlichen Bewusstseins an den Grenzen des Imaginären, des Symbolischen und des Realen. Fon beruft sich auf diese von Lacan geprägten Begriffe und sein Werk entwickelt seit Anbeginn entlang dieser Logik ein künstlerisches System zur Erweiterung unserer Wahrnehmung. Bereits in seinen frühen, expressiven Gemälden der 90er Jahre macht sich Fon auf die Suche nach dieser conditio humana und stellt die zentrale Frage nach dem Woher und Wohin? Fon arbeitet aber nicht wie ein Maler, der ein Bild einem Drang oder einer Erregung folgend intuitiv schafft, oder ein Bildhauer, der mit Material an Volumina arbeitet und diesem Formen abringt. Vielmehr realisiert er penibel geplante Projekte und Werkgruppen, die stets auf mehreren Ebenen und mit nuancierten Gegensätzen Erkenntnisse transportieren. 

Die auf breiterer gesellschaftlicher Basis nur marginal rezipierte Menge an verfügbaren Ergebnissen wissenschaftlicher Grundlagenforschungen, und deren durch tradierte Bilder und gefestigte Konventionen dominierte Reflexion nimmt Fon als Ausgangspunkt für Serien wie ‚Artificial Star Field Analysis‘ , oder den ‚Imagination of Unknown Universal Networks‘. Seine Werke sind aber nicht nur Vermittler zwischen den Feldern der Kunst und der Wissenschaft, sondern funktionieren viel mehr wie soziologische Experimente, die die Ökonomie der Aufmerksamkeit in einer bildgesteuerten Gesellschaft unterminieren. So behandelt Fon mit ‚Imagine Unlimited Universal Credit’ ein wohlbekanntes Versatzstück der Realität nicht nur im Sinne des ‚Ready Made‘ und dessen Kritik am Kunstwerk als pures Repräsentationsobjekt, sondern er greift damit auch wirtschafts- und kunstmarktimmanente Fragen mit einem subtilen Quantum Humor auf. 

Als konsequente Weiterentwicklung seiner künstlerischen Forschungsarbeit entwickelt Fon seit 2015 das groß angelegte Projekt ‚Die Große Resonanz‘. Ein einfacher, natürlicher Ton – eine Schall- (Sinus)welle wie erstmals visualisiert vom Physiker Ernst Chladni (1756–1827), wird reflektiert (Echo), verdoppelt (lauter) und abgelenkt (verstimmt). Ein Vorgang dem wir laufend ausgesetzt sind, den wir orten und zuordnen können so lange wir ein gutes Gehör besitzen. In die Sprachen der Wissenschaft und die der digitalen Repräsentation übersetzt wird die ursprüngliche Aussage immer mehr verschlüsselt. Fragmentiert, berechenbar und ästhetisch präsentiert wird aus dem einfachen Ton eine große Metapher für die unendliche Komplexität des Alltags und den treibenden Energien des Lebens.

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