Bildbewusstsein

Definition:

Bildbewusstsein kann als emergentes Phänomen verstanden werden, bei dem visuelle Eindrücke zu einer kohärenten, subjektiv erlebten Repräsentation zusammengeführt werden. Diese Repräsentation existiert parallel zum logischen Denken und ermöglicht eine ganzheitliche Wahrnehmung und Interpretation visueller Informationen.

Diskussion:

Die Definition von Bewusstsein im Allgemeinen und Bildbewusstsein im Speziellen ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Das sogenannte „hard problem of consciousness“, wie es von David Chalmers (1995) formuliert wurde, bleibt weiterhin ungelöst. Es beschreibt die Herausforderung zu erklären, wie und warum wir subjektive, qualitative Erfahrungen haben.

Dennoch ermöglicht die Akzeptanz des Konzepts der Emergenz einen fruchtbaren Ansatz zur Untersuchung des Bewusstseins. Emergenz beschreibt das Auftreten von Eigenschaften oder Strukturen auf einer höheren Organisationsebene, die nicht direkt aus den Eigenschaften der Komponenten auf niedrigeren Ebenen ableitbar sind (Bedau & Humphreys, 2008). In diesem Kontext kann Bewusstsein als emergentes Phänomen komplexer neuronaler Aktivität betrachtet werden.

Der aktuelle Diskurs zum Bildbewusstsein ist eng mit Forschungen zur visuellen Wahrnehmung und zum visuellen Arbeitsgedächtnis verknüpft. Kosslyn et al. (2006) argumentieren, dass mentale Bilder auf ähnlichen neuronalen Mechanismen beruhen wie die visuelle Wahrnehmung selbst. Dies unterstützt die Idee eines spezifischen Bildbewusstseins.

Neuere Studien zur prädiktiven Verarbeitung im visuellen System (Rao & Ballard, 1999; Friston, 2005) legen nahe, dass unser visuelles Erleben nicht nur eine passive Aufnahme von Informationen ist, sondern aktiv durch top-down Prozesse beeinflusst wird. Dies könnte erklären, wie sich ein kohärentes Bildbewusstsein aus der Fülle visueller Eindrücke formt.

Die Idee, dass Bildbewusstsein parallel zum logischen Denken existiert, findet Unterstützung in der Dual-Coding-Theorie von Paivio (1986). Diese Theorie postuliert, dass kognitive Prozesse auf zwei getrennten, aber interagierenden Systemen basieren: einem verbalen und einem non-verbalen (bildlichen) System.

Dennoch, trotz dieser Fortschritte sind die genauen neuronalen Korrelate des Bildbewusstseins noch nicht vollständig verstanden. Weitere interdisziplinäre Forschung ist notwendig, um die komplexen Zusammenhänge zwischen neuronaler Aktivität, visueller Verarbeitung und subjektivem Erleben zu entschlüsseln.

Literatur:

Bedau, M. A., & Humphreys, P. (2008). Emergence: Contemporary readings in philosophy and science. MIT press.

Chalmers, D. J. (1995). Facing up to the problem of consciousness. Journal of consciousness studies, 2(3), 200-219.

Friston, K. (2005). A theory of cortical responses. Philosophical transactions of the Royal Society B: Biological sciences, 360(1456), 815-836.

Kosslyn, S. M., Thompson, W. L., & Ganis, G. (2006). The case for mental imagery. Oxford University Press.

Paivio, A. (1986). Mental representations: A dual coding approach. Oxford University Press.

Rao, R. P., & Ballard, D. H. (1999). Predictive coding in the visual cortex: a functional interpretation of some extra-classical receptive-field effects. Nature neuroscience, 2(1), 79-87.

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